Eine Reise in die Anfänge des Schlichemtals führt uns ca. 240 Millionen Jahre zurück in das sog. Erdmittelalter:
Damals entstanden die Gesteine des Muschelkalks, die wir heute im Schlichemtal vorfinden.
Die heutigen Kontinente waren in dieser erdgeschichtlichen Periode in einem einzigen Superkontinent "Pangäa" vereint ("pan gaia" = "ganze Erde"). Mitteleuropa lag damals deutlich näher am Äquator. Wo heute die Schlichem fließt befand sich damals ein warmes, subtropisches Meer, dessen Ablagerungen mächtige Schichten bildeten, die sich im Lauf der Jahrmillionen zu Gestein verdichteten. Das Meer verschwand, der Muschelkalk blieb und wurde schließlich durch die Erosionskraft der Schlichem zu unserer heutigen Landschaft modelliert.
Tiere, die in diesem Meer lebten, sanken nach ihrem Tod auf den Meeresgrund. Aus ihren zurückgebliebenen harten Schalen und Skeletten bildeten sich mächtige Ablagerungen, die sich im Laufe der Zeit zum sog. Muschelkalk verfestigten, der vor allem in seinen oberen Schichten zahlreiche Fossilien enthält: Neben vielen Muscheln, die dem Gestein den Namen gaben, finden sich auch Versteinerungen von Armfüßern, Stachelhäutern und Ammoniten.
Viele Millionen Jahre später - Europa hat sich längst von den anderen Kontinenten gelöst und ist weiter nach Norden gedriftet - hat sich die Schlichem in diese mittlerweile trocken gefallenen Ablagerungen eingetieft und im Laufe von Jahrmillionen zwischen der heutigen Böhringer Mühle und der Mündung in den Neckar die Landschaft modelliert:
Betrachtet man das Tal auf der Landkarte, fällt eine erdgeschichtliche Besonderheit ins Auge: das sog. Umlauftal am Butschhof, dessen Entstehung der Schlichem zu verdanken ist, die den Talboden ausgeschliffen hat.
Die Grafiken zeigen den früheren Verlauf der Schlichem. An der rot markierten Stelle hatte das vorbeirauschende einen schmalen Felsriegel so weit abgeschliffen, dass es eines Tages durch ihn hindurchbrach und an dieser Stelle ca. 10 m in die Tiefe stürzte. Das Wasser entwickelte dadurch an dieser Stelle ein enormes Tempo und damit eine sehr viel stärkere Erosionskraft. Die Schlichem tiefte sich infolgedessen ab diesem Punkt flussaufwärts verstärkt in den Muschelkalk ein und schuf so die imposante Schlichemklamm mit ihren bis zu 70 m hohen Wänden, während das Umlauftal trocken fiel und heute noch davon zeugt, auf welcher Höhe die Schlichem seinerzeit verlief.
Im Bereich des Wasserfalls kann man sich diese sog. Rückschreitende Erosion vereinfacht so vorstellen: